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Was verstehen Sie unter geschlechterbezogener Gewalt?

Oft beginnt die Gewalt im Verborgenen und beeinflusst das Leben der Betroffenen tiefgreifend, häufig über Jahre hinweg. Besonders betroffen sind Frauen, die in den Kreislauf von Gewalt geraten und keinen sicheren Ausweg sehen. Ein Bericht von Novum – Zentrum für Frauen und Mädchen zeigt, wie Gewalt an Frauen nicht nur in den sichtbaren Formen, sondern auch in den unsichtbaren, subtileren Erscheinungsbildern auftritt.

Gewalt hat viele Gesichter. Vom 25. November bis 10. Dezember sensibilisiert die Aktion „16 Tage gegen Gewalt“ für Gewaltprävention und Unterstützung von Frauen.
Gewalt hat viele Gesichter. Vom 25. November bis 10. Dezember sensibilisiert die Aktion „16 Tage gegen Gewalt“ für Gewaltprävention und Unterstützung von Frauen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Raum voller Frauen. Vielleicht sind es 20 oder 50 Frauen. Wenn Sie sich umschauen, dann denken Sie an die Zahl, die Sie wahrscheinlich schon öfter gehört haben: Jede dritte Frau in Österreich hat in ihrem Leben bereits Gewalt erlebt. Diese Zahl ist nicht nur eine Statistik. Sie beschreibt das tägliche Leben von Frauen, die uns ganz nahestehen – im Freundeskreis, in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft.


Vom 25. November - dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen bis 10. Dezember – dem Tag der Menschenrechte, wird weltweit auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht – mit der Aktion „16 Tagen gegen Gewalt an Frauen“. Die Österreichischen Zahlen sind alarmierend und zeigen den deutlichen Handlungsbedarf. Im Jahr 2023 wurde mit 42 weiblichen Mordopfern ein trauriger Höchststand erreicht. Die meisten dieser Frauen stehen in einer engen Beziehung zum Täter, wodurch die eigenen vier Wände oft zu einem gefährlichen Ort werden und verdeutlichen, dass häusliche Gewalt keine Privatsache ist.


„Was verstehen Sie unter Gewalt?“

Diese Frage wird oft in den Workshops von Novum gestellt, die auf Gewaltprävention und Zivilcourage ausgerichtet sind. Für viele Menschen ist der Begriff „Gewalt“ mit der sichtbaren Form, wie körperlichen Übergriffen verbunden. Doch Gewalt an Frauen hat viele Gesichter. Sie beginnt oft subtil, mit sexistischen Witzen, abwertenden Verhalten, starker Kontrolle oder psychischer Manipulation, bevor sie in körperliche Gewalt übergeht. Besonders in der Anfangsphase einer Beziehung fällt es oft schwer, die ersten Warnsignale durch die euphorische Verliebtheit zu erkennen. Doch die Botschaft ist klar: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl – es täuscht selten. Verhaltensweisen wie übertriebene Eifersucht haben nichts mit Liebe oder Fürsorge zu tun, sondern sind Ausdruck psychischer Gewalt.

Der Körper einer Frau gehört ihr allein, doch vielen fällt es aufgrund gesellschaftlicher Prägungen und tradierter Rollenbilder schwer, ein klares „Nein“ auszusprechen – eine Erfahrung, die auch in der Beratung immer wieder thematisiert wird und oft ein Querschnittsthema ist. Besonders belastend wird es, wenn sexuelle Gewalt stattgefunden hat: Das Vertrauen in andere und in sich selbst schwindet, der Blick in den Spiegel wird unerträglich und Probleme können das Leben auf unterschiedlichen Ebenen radikal verändern. Es ist entscheidend, die Verantwortung korrekt darzustellen und zu vermeiden, dass sie fälschlicherweise den Betroffenen zugeschrieben wird, was unglücklicherweise noch immer häufig der Fall ist.


„Unsere Arbeit fängt in der Prävention an, denn die Auswirkungen unterschiedlichster Formen der Gewalt sind schwerwiegend und benötigen Ressourcen, um Mädchen und Frauen die Selbstbefähigung wieder nahezubringen und das Vertrauen zurückzugeben.“ so Dipl. Pädag.in Anny-Lori Sperl, Leiterin von Novum – Zentrum für Frauen und Mädchen.


Ein Jahr voller Herausforderungen und stetiger Handlungsbedarf

Im Jahr 2024 wurden Stand November rund 400 Frauen beraten, von denen mehr als 60 Prozent von unterschiedlichen Formen der Gewalt betroffen waren. Diese Zahlen verdeutlichen den enormen Bedarf an Anlaufstellen für Mädchen und Frauen, die in gewaltsamen Verhältnissen leben. Gewalt hat massive Auswirkungen auf die Lebensrealitäten der Betroffenen und ihrer Familien. Sie beeinflusst nicht nur das direkte Wohl der Frauen, sondern auch dass der Kinder und weiteren Angehörigen.

Novum stellt eine erste Anlaufstelle für Betroffene dar, bei der sie ihre Situation vertraulich und anonym besprechen können. Die Beraterinnen klären die Frauen und Mädchen über ihre Rechte, mögliche Schutzmaßnahmen und regionale Hilfsangebote auf. „Wir sehen uns als Vermittler zwischen den verschiedenen Unterstützungsdiensten, da wir anonym, vertraulich und kostenfrei arbeiten“, erklärt Sperl. Besonders die Anonymität spielt in den beiden Bezirken eine wichtige Rolle. Der Zugang zu den Beratungsstellen für Frauen und Mädchen erfolgt stets über ein öffentliches Gebäude, sodass der Zutritt und der Ausgang über einen neutralen Haupteingang erfolgen. Diese Vorgehensweise bietet einen zusätzlichen Schutz, unter anderem bei Stalking.


Kooperation und Vernetzung: Gemeinsam für ein gewaltfreies Miteinander

Die Arbeit der Frauen- und Mädchenberatungsstelle in Murau Murtal ist eng mit anderen regionalen und überregionalen Partnern verknüpft. Dazu gehören nicht nur die Polizei und die Justiz, sondern auch soziale Einrichtungen, Behörden und andere Beratungsdienste. In Zusammenarbeit mit diesen Partnern hat Novum – Zentrum für Frauen und Mädchen eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, die auf Vernetzung und Prävention abzielen. „Unser Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, das eine schnelle und effektive Hilfe für betroffene Frauen und Mädchen ermöglicht“, sagt Anny-Lori Sperl. „Jede einzelne Frau und jedes einzelne Mädchen, das bei uns Unterstützung sucht, wird nicht nur von uns beraten, sondern wir arbeiten auch gemeinsam mit den anderen Fachkräften daran, langfristige Veränderungen in Bezug auf Gewalt in der Privatsphäre zu ermöglichen.“


Fokus auf Mädchen: Frühzeitig helfen und schützen

Besonders wichtig ist auch die Arbeit mit Mädchen, die häufig noch weniger in der Lage sind, sich aus gewaltvollen Situationen zu befreien. Die Frauen- und Mädchenberatung setzt gezielt auf Angebote, die Mädchen befähigen, sich gegen Gewalt zu wehren und ihre Rechte zu kennen. Das umfasst neben der direkten Beratung  ab dem 12. Lebensjahr auch präventive Workshops an Schulen, um die Mädchen frühzeitig für das Thema Gewalt zu sensibilisieren, ihre eigenen Grenzen zu wahren und eine gesunde von einer ungesunden Beziehung unterscheiden zu können.


16 Tage gegen Gewalt: Ein Aufruf zur Handlung

Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ sind mehr als nur eine Aktion. Sie sind ein Aufruf an uns alle, gegen Gewalt an Frauen einzutreten und diese in unserer Gesellschaft nicht zu tolerieren. „Der Kampf gegen Gewalt an Frauen muss jeden Tag geführt werden – und dafür sind wir da“, betont Anny-Lori Sperl. Hier geht es darum, sie in ihrer persönlichen Entwicklung zu stärken, ihr Selbstvertrauen zu fördern und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

 

Hilfe für Gewalt-Betroffene gibt es hier:

  • Verein Novum – Zentrum für Frauen und Mädchen (Mo-Fr, 8-14 Uhr, anonym und kostenlos): 0664/ 88 50 377

  • Frauenhelpline (Mo-So, 0-24 Uhr, anonym und kostenlos): 0800 / 222 555

  • Gewaltschutzzentren (anonym und kostenlos): 0800 / 700 217

  • Männerberatung (Mo-So, 0-24 Uhr, anonym und kostenlos): 0800 / 400 777

  • Männernotruf (Mo-So, 0-24 Uhr, anonym und kostenlos): 0800 / 246 247

  • Telefonseelsorge (Mo-So, 0-24 Uhr, vertraulich und kostenlos): 142

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